Selbsterfahrung in Team- und Gruppenarbeit

HLG Mentoring 2019/2020

Modul ‚Selbsterfahrung in Team- und Gruppenarbeit‘

1.Prolog
2.Inhalte /Outcome
3.Warum ‚Selbsterfahrung‘? Basics
4.SELBSTERFAHRUNG IN TEAM- UND GRUPPENARBEIT (TA / TZI)
5.Zusammenfassung
6.Epilog

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0. Arbeitsanleitung und Arbeitsaufträge (download hier)

1. Prolog

aktueller Ausnahmezustand‘ (digital vermittelte Lernumgebungen statt Seminarbetrieb vor Ort)

Wenn wir an Wissensvermittlung denken, dann denken wir in erster Linie an kognitives Wissen, d.h. intellektuell-konzeptionelles Wissen, welches neuronal seinen Sitz in der Schaltzentrale unseres Nervensystems hat, im menschlichen Gehirn. Von diesem Wissen wird angenommen, dass wir es verbalisieren können (und müssen), um es an andere weitergeben zu können. Weit seltener denken wir an den Aspekt des sogenannten persönlichen Wissens (= KÖNNEN, skills, tacit knowing), also an das VERKÖRPERTE WISSEN, das gar nicht oder nur teilweise durch Sprache ausgedrückt werden kann. Gerade jenes Wissen ist es aber, auf dem unser berufliches und alltägliches Handeln und unsere persönliches Selbstverständnis WESENTLICH beruht. Wir brauchen dieses, um uns rasch in Lebenssituationen orientieren zu können, um entscheidungsfähig zu sein. Wissen der ersten Art (z.B. wissen, wie hoch der Mont Blanc ist) nennt man ‚explizites oder deklaratives Wissen‘, Wissen der zweiten Art (z.B. wissen, wie man Rad fährt) nennt man in Anlehnung an Michael Polanyi ‚implizites Wissen‘ oder tacit knowing. Implizites Wissen entspricht immer einem Vor- und persönlich erworbenem Erfahrungswissen über Situationen oder Sachverhalte, welches über weite Strecken nicht verbalisierbar ist, weil es die selbstverständliche und stillschweigende Basis alles expliziten Wissens ausmacht. – Man kann es aber vermitteln, mit-teilen: durch Teilhabe an einer gemeinsamen Praxis.

In jüngster Zeit hat sich daher auch ein Lernbegriff heraus entwickelt, welcher Teilhabe an kompetenten Praxisgemeinschaften als das Wesentliche von Lernprozessen ansieht.

„Wir brauchen ein Verständnis von Lernen, welches davon ausgeht, dass Lernen primär ein gemeinsamer Prozess und kein individueller Besitz ist. Der Begriff Lernen impliziert nämlich, dass einige Personen, die gemeinsam eine Aufgabe zu bewältigen haben, eine bestimmte Beziehung zueinander eingehen, in welcher sie jene relevante Informationen austauschen können, die es ihnen ermöglichen, ihre Arbeit gemeinsam gut zu machen. Wenn das ausreichend gut passiert, dann kann man berechtigterweise davon sprechen, dass Lernen passiert. Es ist wahrscheinlich im Kontext von Lernen sinnvoller, danach Ausschau zu halten, wie Lernprozesse Menschen erfassen können, als danach, wie der Einzelne etwas erlernen kann.

Individuell mögen wir unsere Zeit damit verbringen, Dinge zu lernen, aber dieses Phänomen verblasst vor der Tatsache, dass wir, so sehr wir uns auch bemühen, nur dann lernen können, wenn wir eine geeignete Lernumgebungen vorfinden. Wenn uns eine bestimmte Art des Lernens nicht sozial zur Verfügung gestellt wird, gibt es kein lebenspraktisches Lernen. Dies ist eine wichtige Tatsache, auf die bislang zu wenig geachtet wurde. Wenn wir aufhören, uns darauf zu konzentrieren, wer welche Wissensfragmente erwerben muss, und wenn wir uns stattdessen die Fragen stellen, welche Lernumgebungen geschaffen werden müssen, welche lernen auslösen, d.h. wenn wir darauf achten, in welchen Kontexten was gebraucht wird, dann würden wir erfahren, welche Anregungen und Kontakte organisiert werden müssen, so dass Informationvermittlungsprozesse zu Lernprozessen werden.“ – R. P. McDermott, ‘The acquisition of a child by a learning disability’, In: Understanding Learning: Influences and Outcomes edited by Janet Collins, Deirdre Cook. Paul Chapman Publishing, London 2001, p.60ff

Wozu brauchen wir dann große Hörsäle? Wenn Lernen vor allem in authentischen Situationen passiert, also z.B. am Arbeitsplatz, wozu brauchen wir dann überhaupt noch Hochschulen? Der Hörsaal in der bestehenden Form, als Auditorium, hat in der tacit knowing view seine Funktion tatsächlich weitgehend verloren und ausgedient. Im Rahmen praxisorientierten Lehrens und Lernens stellt sich der Raum-, Zeit- und Materialienbedarf als weit flexibler heraus. Die akademische Stunde hat nur noch Gewicht als Referenzrahmen für die Bestimmung des Workloads innerhalb des Curriculums. Im Zentrum steht jedoch nicht ein neuer Lernort, etwa der Betrieb, sondern die Verknüpfung unterschiedlicher Lernorte, da sowohl berufspraktische Erfahrungen als auch deren Reflexion sicherzustellen sind. Seminare sind dann primär Reflexionsmöglichkeiten in Dialogform, spielerisches gemeinsames reflektieren. – Dabei ist der Lernort, im Sinne seiner organisationalen Zugehörigkeit (als Teil der Hochschule oder des Betriebs) weniger ausschlaggebend als die jeweilige Praxisgemeinschaft, innerhalb derer sich die Studierenden / Lernenden bewegen. Je authentischer und reflektierter es dabei zugeht, umso besser wird gelernt.

► persönliche Lebens- und Berufserfahrungen gemeinsam im Kontext bestimmter Anforderungen reflektieren (hier: im Kontext der Mentorenrolle)!
Genau darum geht es daher in diesem Modul. Natürlich braucht es dazu gemeinsame Sozialphasen, welche diesmal aber ‚face-to-face‘ fehlen (müssen). Umso wichtiger werden daher diesmal die Peergroups, der gemeinsame medial vermittelte Austausch in diesen (als auch das Selbststudium und die angeleitete Eigenreflexion).

2.Inhalte /Outcome

Modulziele:

Nach der erfolgreichen Absolvierung des Moduls sind die Studierenden in der Lage…

    • Dialog- und Feedbacksituationen im Sinne von Empowerment zu gestalten.
    • Reframing bzw. metaphorische Kommunikation situationsadäquat anzuwenden.
    • Gruppenprozesse kontextabhängig – auch unter Anwendung der Methode des „Reflecting Team“ – zu moderieren.
    • verschiedene Phasen von Teamprozessen zu erkennen, zu fördern und entsprechend zu agieren.
    • Kommunikationsprozesse in Gruppen zu analysieren, Blockaden zu identifizieren sowie die eigene kommunikative Rolle zu reflektieren.
    • Gespräche auch in konflikthaften Situationen zu führen und Schritte sowie Methoden der Mediation reflektiert einzusetzen.

Modulinhalte:

Möglichkeiten motivierender und systemisch-reflektierender Gesprächsführung

    • Reframing und metaphorische Kommunikation
    • Techniken der Moderation von Gruppen-Teamprozessen
    • Entwicklungsphasen von Teams
    • Arbeit mit dem „Reflecting Team“
    • Selbsterfahrung in interaktiven Gruppen- und Teamprozessen
    • Blockaden in Teamprozessen
    • Gesprächsführung bei Konflikten (Mediation)
    • Phasen und Methoden der Mediation

Methoden:

Theoretische kurze Inputs, Übungen in Triaden, Rollenspiele, Analyse von Gesprächs- und Videosequenzen, Reflexion und Übungen in der Peergroup, Durchführung von Moderationen, Diskussion

3. BASICS:

Warum überhaupt ‚Selbsterfahrung‘ für PädagogInnen?

Selbsterfahrung Lehrer_innen

“Selbsterfahrung ist die Herausforderung, sich selbst besser kennen zu lernen, ineffiziente Verhaltens- und Denkmuster zu reflektieren sowie Vergangenheitsfixierungen loszulassen. Stärken werden ausgebaut, um in eine Zukunft zu gehen, die mehr Qualität und Bewusstheit darstellt…..Selbsterfahrung ist das gezielte, methodisch initiierte und bewusste Reflektieren und Nacherleben der eigenen Gefühle und Gedanken.

Zentral ist hierbei die Reflexion, aber auch die Veränderung und Erweiterung der Selbstwahrnehmung. Auch die persönlichen Kompetenzen und gewohnheitsmäßige Verhaltensmuster sollen aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet und hinterfragt werden.

Sich selbst besser zu verstehen und kennenzulernen ist das Ziel. Eigene Bedürfnisse und Wünsche sollen wahrgenommen und akzeptiert werden. Ein gestärkter Selbstwert und ein positiver, wohlwollender Zugang zur eigenen Persönlichkeit und Gefühlswelt, sind das Resultat.”

► So lautet in etwas die heute vorherrschende Vorstellung von Selbsterfahrung.

Und Wikipedia dazu: „Der Begriff Selbsterfahrung ist einerseits ein populärwissenschaftlich psychologischer Ausdruck für das Kennenlernen und Reflektieren über das Erleben und Agieren der eigenen Person (Selbst) insbesondere in herausfordernden Situationen. Im Rahmen einer Ausbildung zum Psychotherapeuten, Familientherapeuten, Coach oder Supervisor bezeichnet Selbsterfahrung andererseits den Prozess im Rahmen eines Rollentauschs, bei dem der (angehende) Therapeut die anzuwendenden Arbeitsweisen und Methoden in der Klientenrolle an sich selbst erfährt. Der Ausbilder bzw. Supervisor ist dabei der Coach.“ – (Referenz)

***

Erweiternd und abändernd möchte ich Selbsterfahrung jedenfalls in aller Kürze so bestimmen:

Lernen, Geduld zu haben mit dem ‚Ungelösten im Herzen‘ und versuchen, dieses Ungelöste (‚die zentralen Fragen des eigenen Lebens‘) selbst lieb zu gewinnen, so als wäre das alles eine ‚verschlossene Stube und ein Buch, das in einer sehr fremden Sprache geschrieben ist‘ (Rilke). – Dann wird sich einem, wenn man Ausdauer hat, der Sinn der eigenen Lebensfragen erschließen – weil man schlußendlich begriffen hat, wer und was man wirklich ist (und wer und was man nicht ist).

Dann ist man ‚mit sich im Reinen‘ und kann als Lehrer / Lehrerin Kindern und Jugendlichen und Berufseinsteiger*innen in der Mentorenrolle bei ihrem Entwicklungsprozess bzw. Berufseinstiegsprozess ohne Blockaden begleitend zur Verfügung stehen.
In Beratungs- und Begleitungsprozessen, beim Mentoring und Kooperation in Teams und Arbeitsgruppen ist das besonders wichtig. Warum?
Weil man sonst ‚gefahren‘ wird, von seinen unbewussten ‚inneren Antreibern‘ gefahren wird. „Was ist das Schwerste vor allem?“ fragt einer der verehrten Geistesgrößen der bürgerlichen Moderne. Und er gibt die überrasschende Antwort: „Was dir das Leichteste dünkt. Mit den Augen zu sehen, was vor den Augen dir liegt“. – Nach dem Durcharbeiten dieses Moduls wird klar werden, was demit gemeint ist, und warum das so ist (Wer eine schnelle und zusammenfasssende Antwort für pädagogischen Kontexte will, der kann hier weiterlesen),

Arbeit mit dem ‚Inneren Kind‘:

Ein bekannter Psychotherapeut, Leon Wumser, erinnert uns an folgende Tatsache:

„In jeder mitmenschlichen Beziehung kommt es immer wieder zu einer bestimmten Abfolge von äußeren Ereignissen und sie begleitenden inneren Vorgängen: Wir fühlen uns ungerecht behandelt, nicht erkannt und gewürdigt in dem, was wir eigentlich meinten, beschämt für etwas, was wir angeboten und geschenkt haben, abgewiesen und genarrt in dem Vertrauen, das wir dem anderen gewährt haben. Das Gefühl der Demütigung kann dabei ganz überwältigend werden. Zumindest fühlen wir tiefen Schmerz und starke Trauer über das, was wir als einen Bruch in der Beziehung, als eine Art Verrat, erleben müssen. Können wir uns selber gegenüber offen und ehrlich sein, verbirgt sich hinter dieser Trauer zugleich auch Groll und Zorn; und ist die Beschämung nur tief genug, meldet sich bald auch die Rachgier, die Rachelust, die Rachsucht –– wie die Worte es sagen: ein süchtig machendes Begehren auf Wiedergutmachung, und solcher “redress”, eine solche “Vergeltung”, ist anscheinend nur möglich, wenn dem anderen das gleiche Unrecht angetan wird, nein, wenn es ihm vielfach zurückbezahlt wird. Ihm steht das Grundgebot des Alten Testamentes, der Thora, entgegen (Lev. 19.18): “Nimm nicht Rache und hege keinen Groll gegen die Kinder deiner Gemeinschaft, und liebe deinen Nächsten wie dich selbst” –– die Forderung danach, den anderen wie sich selbst zu achten und anzunehmen und zu ergründen. Unmittelbar davor heißt es: “Hasse deinen Bruder nicht in deinem Herzen. Weise deinen Nächsten zwar zurecht, aber nimm seinetwegen keine Schuld auf dich.” Dieser letzte Gedanke wird von Raschi, dem großen Kommentator des Mittelalters, so gedeutet: “Beschäme ihn nicht in der Öffentlichkeit” (wörtlich: “laß sein Gesicht nicht vor den vielen erblassen”). Das heißt: Die Beraubung der Würde und Ehre des Mitmenschen ist eine ganz große Sünde. Korrigiere deinen Mitmenschen, aber beschäme ihn nicht. Sei ehrlich, aber achte ihn und schütze sein Selbstwertgefühl!“

Wie oft wird das Selbstwertgefühl von Kindern im Rahmen von Erziehungs- und Unterrichtsprozessen verletzt, ohne dass sie eine Wiedergutmachung erreichen können.

Das klare Doppelbewusstsein gleichzeitig Kind und Erwachsener zu sein, ermöglicht es einem als ERWACHSENER aber, verinnerlichte Erfahrungen aus einem passenden Abstand heraus und im Rahmen einer liebevollen Selbst-Beziehung noch einmal zu erleben und damit zu verändern.

Es ist aber nicht nur angenehm, die kindlichen Energien wieder voll und ganz zu spüren. Sich als fähig zu erleben, gegenüber erinnerten Teilen, speziell im Umgang mit dem ‚Inneren Kind‘, eine ‚erwachsene‘ Position einzunehmen, ist aber eine kraftvolle und das Selbstbewusstsein stärkende Erfahrung. Es vermittelt etwas, das herkömmlich als ‚Erleben von Selbstwirksamkeit‘ bezeichnet wird.

Manch einer fühlt sich von kindlichen Zuständen wie Angst, Hilflosigkeit, Trotz, Schuld und Trauer überwältigt. Für manche sind ihre kindlichen Gefühle der Impulsivität, Spontaneität oder Verwirrtheit, auch „heilige Kühe“, mit denen sie gewohnheitsmäßig so identifiziert sind, dass sie unter deren konkreten Auswirkungen im Alltag unbewusst leiden. Das derart verinnerlichte Kind empfindet sich dann als unzulänglich, schlecht, nicht liebenswert und erlebt intensive Gefühle von Schuld und Scham. Es fürchtet sich, dass die Menschen es verlassen und zurückweisen. Dieses „ungeliebte Kind“ lebt in der ständigen Erwartung zurückgewiesen zu werden und projiziert dann diese Erwartung auf andere Menschen, d.h. unterstellt ihnen, dass es permanent abgelehnt wird.

Es ist also zuvor nötig, zunächst an ‚realen‘ Alltagssituationen so ‚erwachsen‘ zu arbeiten und Ressourcen zu aktivieren, dass dann von diesen Erfahrungen ausgehend glaubwürdig mit dem inneren Kind gearbeitet werden kann. Ein hinreichend stabiles Ich ist dafür nötig: Man muss im Alltag einigermaßen kompetent als ‚Erwachsener‘ agieren können.

Sich achtsam mit nüchterner (‚erwachsener‘) Energie zu bewegen, in der man wohlwollend neutral wahrnehmen, sich emotional bewusst identifizieren und dann wieder distanzieren, die eigene Bedürftigkeit entdecken und formulieren kann, ist oft sehr ungewohnt. Besonders wenn das ‚erinnerte Kind‘ gegenüber den erinnerten Erwachsenen seiner Umgebung Misstrauen, Angst oder Verachtung empfindet, dann lebt es in und mit der Absicht, niemals so „erwachsen“ zu werden / zu sein wie ‚diese erinnerten Erwachsenen‘.

Erleichternd ist dann die Möglichkeit, Situationen (im beruflichen öffentlichen und privaten) Leben nun ‚rein‘ als Erwachsener anzugehen, und das Innere Kind auch mal bewusst unbeschwert zu Hause spielen zu lassen – oder zu toben und zu ‚rotzen‘: manchmal kommt man nämlich erst über den Umweg des spielerischen regressiven Auslebens ‚von kindlichem Trotz‘, von ‚verzweifelter Wut‘ oder ‚überwältigender Angst‘ und anderen ‚Grauslichkeiten‘ zu jenem inneren Gleichgewicht, welches ‚Erwachsen Sein‘ ausmacht.

Man kann es dann auch genießen, wenn in nahen oder intimen Beziehungen auch die Inneren Kinder der Partner dabei sein dürfen und gesehen werden, ohne sich heimlich am eigenen Erwachsenen vorbei an den Partner zu „hängen“ mit der Erwartung, durch dessen Liebe endlich „geheilt“ zu werden.

Ob es einem nun gefällt oder nicht: jeder ist ausschließlich selbst für seinen Umgang mit dem ‚Erinnerten Kind‘ zuständig:

„Der reife Erwachsene, der die Verantwortung für sein eigenes Leben zu übernehmen vermag, hat eines gelernt: das Gefühl von den Mustern zu lösen, die unter dem Druck der Abhängigkeit entstanden sind, und den Drang zum Handeln auf das zu richten, was sich ihm als zweckmäßig erweist. Dank der Kontrolle, der er durch das Verlagern des Gefühlsinhaltes erworben hat, ist auch die Gefühlsintensität unter seiner Kontrolle. Dieses Ziel ist in den schon erwähnten Zielen inbegriffen. Es wird oft unbewußt danach gehandelt, daher die sprunghaften Erfolge oder Mißerfolge. Wenn man das Ziel klar vor sich sieht, dann kann man zielen lernen – und merken, wenn man daneben zielt.“ – Moshe Feldenkrais, Das starke Selbst, S. 146

Weiterführende Literatur

  1. Abrams (Hrsg.): Die Befreiung des Inneren Kindes, dtv TB 1996.
  2. Bradshaw: Das Kind in uns, Knaur TB, 1994.
  3. Bunz-Schlösser: Hand in Hand mit dem inneren Kind, mvg Verlag, 2003.
  4. Samuels & E. Lukan : Im Einklang mit dem inneren Kind. Herder TB, 1999.
  5. Hellwig: Befreie dein inneres Kind, Lüchow Verl., 2007

Weitere Hinweise: WKIPEDIA Eintrag hier (bitte nebenstehenden Link anklicken): INNERES KIND

Oder hier von SCRIBD downloaden:

Narrative und Identität:

In dem Film The Matrix werden Menschen in einer dystopischen Zukunft von einem mächtigen künstlichen Intelligenzsystem in einer virtuellen Welt gefangen gehalten. Was sie für die Realität halten, ist ein Computerprogramm, das in ihr Gehirn gehackt wurde, um sie in einem komatösen Zustand zu halten. Sie leben ihr ganzes Leben in dieser virtuellen Simulation, ohne zu wissen, dass das, was sie mit ihren Sinnen zu erleben scheinen, tatsächlich ein von KI erzeugte Codes sind.
Das Leben in unserer heutigen Gesellschaft ist dem sehr ähnlich. Der Unterschied besteht darin, dass anstelle von KI unbewusste fühkindliche Erfahrungen und Publc Relations Experten in einer ‚Matrix‘ schlafen lassen. Und anstelle von Codes sind es Erzählungen……

Gesellschaften bestehen aus Erzählungen.. Identität, Sprache, Etikette, soziale Rollen, Meinungen, Ideologie, Religion, ethnische Zugehörigkeit, Philosophien, Agenden, Regeln, Gesetze, Geld, Wirtschaft, Jobs, Hierarchien, Politik, Regierung – all dies sind rein mentale Konstrukte, die nirgendwo außerhalb existieren, sie mentale Prozesse in Nervensystem unserer Köpfe und Körper. Wenn ich Sie bitten würde, auf Ihr Knie zu zeigen, könnten Sie dies sofort und wortlos tun, aber wenn ich Sie zum Beispiel bitten würde, auf die Wirtschaft zu zeigen, könnten Sie dem am nächsten kommen, indem Sie eine Reihe sprachlicher Symbole verwenden, um auf eine Gruppe von ökonomischen Konzepten zu verweisen . Um mir die Wirtschaft zu zeigen, müsstest Sie mir eine Geschichte erzählen.

Jeder, der jemals einen Moment geistiger Stille erlebt hat, weiß, dass ohne inneres Geschwätz keines dieser Dinge Teil Ihrer gegenwärtigen Erfahrung ist. Es gibt keine Identität, Sprache, Etikette, sozialen Rollen, Meinungen, Ideologie, Religion, Ethnizität, Philosophie, Agenden, Regeln, Gesetze, Geld, Wirtschaft, Jobs, Hierarchien, Politik oder Regierung in Ihrer Erfahrung ohne mentale Konstruke über diese Dinge. Es ist nicht einmal ein „Du“ zu finden, denn es stellt sich heraus, dass dies auch aus Erzählungen besteht.

Ohne mentale Erzählungn hätten wir nur sensorische Eindrücke, die einem Subjekt ohne klare Form oder Grenzen erscheinen würden. Die visuellen und akustischen Felder, das Gefühl von Luft, die wir ein- und ausatmen, das Gefühl der Füße auf dem Boden oder des Hinterns auf dem Stuhl: das ist unmittelbare sinnliche Erfahrung. Alles andere ist von Erzählung ‚getränkt‘, mental konstruiert. Sie können Tage, Wochen, Monate oder Jahre verbringen, ohne je ein Gefühl für Ihren Atem s oder Ihrer Füße wirklich zu bemerken, während Ihr Interesse und Ihre ganze Aufmerksamkeit in Tätigkeiten und soziale Beziehungen hineingezogen wird, die nur als Erzählung existieren.

„Bin ich gut genug? Mache ich das Richtige? Ich muss sicherstellen, dass ich alle meine Projekte erledige. Wenn ich das und das zuerst mache, kann ich auf lange Sicht Zeit sparen. Oh, da ist der Typ, wie ich ihn hasse! Gott, ich bin so fett und hässlich! Wenn ich die Dinge bekomme, die ich will, und meine wichtigen Ziele erreiche, fühle ich mich in Ordnung. Steuern sind bald fällig. Was läuft im Fernsehen? Oh,der Schmarrn….. Gott, ich kann das Wochenende kaum erwarten. Ich hoffe, bis dahin läuft alles wie geplant. “

Weiter und weiter und weiter und weiter. Fast unsere gesamte mentale Energie fließt in diese mentalen Erzählungen. Sie dominieren unser Leben. Und aus diesem Grund können Menschen, die diese Erzählungen kontrollieren, uns kontrollieren.

Und sie tun es.

Eric Berne, Begründer der Transaktionsanalyse, hat in Erzählungen aus der Menschheitsgeschichte, welche Jahrtausende überdauert haben, wesentliche Merkmale von Schicksalen vieler Menschen entdeckt. Um den Aufbau der Lebensgeschichten seiner Patienten zu erkennen, hat er herauszufinden versucht, wie die Betreffenden vorzugsweise ihre Zeit strukturieren.

„Wie verbringen Menschen die Zeit zwischen ihrer Geburt und ihrem Tod?“ hat Berne gefragt und fand in einigen Geschichten der griechischen Antike wichtige Hinweise darauf.

„Das schaffe ich nie – das werde ich nie verstehen – ich werde nie den richtigen Partner für mich finden“, sagen beispielsweise manche Menschen und folgen damit dem „Vorbild“ Tantalos, der, obgleich umgeben von Wasser und Früchten, diese niemals mehr trinken und essen durfte.

„Immer-Skripts“ dagegen folgen der Arachne, welche die Göttin Athene mit kunstvollen Webereien herausforderte. Zur Strafe wurde sie in eine Spinne verwandelt, die den Rest ihres Lebens immer nur Netze spinnen mußte. Solche Skripts können von Eltern kommen, die ihren Kindern sagen: „Wenn es das ist, was du willst, dann kannst du es ja dein ganzes Leben lang so weiter machen.“ Das heißt im Klartext: „Bleib immer bei einer einmal getroffenen Entscheidung auch wenn sie sich als nicht besonders glücklich erweist“.

Wer erinnert sich aus seiner Schulzeit nicht an Damokles, dem es zunächst vergönnt war, sich seiner Königsherrschaft zu erfreuen, der aber „danach“ ein an einem Pferdehaar hängendes Schwert über sich wußte. „Das dicke Ende kommt nach …“, warnen Eltern ihre Kinder, oder verkünden: „Den Vogel, der am Morgen singt, holt am Abend die Katz.“ „Warte nur, bis du einmal verheiratet bist …“, klingt nicht weniger Unheil verkündend.

Bekannt ist auch Sisyphos, der dazu verdammt war, einen schweren Stein einen Berg hinauf zu rollen, ihn jedoch kurz vor seinem Ziel loszulassen, so daß dieser wieder hinunterrollte. „Beinahe hätte ich’s geschafft …“ oder „Immer wieder passiert mir so etwas“ oder „Wenn ich doch bloß rechtzeitig auf die Bremse getreten wäre, hätte ich den Unfall vermeiden können …“.

Gibt es auch ein weniger tragisches Umgehen mit der Zeit? Herakles hatte es besser getroffen: Er mußte zwar zwölf schwere Arbeiten verrichten, doch „dann“ durfte er als König glücklich leben. „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen“, heißt es in vielen Familien. Oder die Mutter sagt zur Tochter: „Erst mußt du zwei Kinder großziehen, dann darfst du machen, was du willst.“ In diesem, dem „Bis“oder „Erst – dann“-Skript ist also eine Lösung vorgesehen. Bei einem „Skript“ – auch „Drehbuch“ oder „Unbewußter Lebensplan“ genannt handelt es sich demzufolge um ein „kontinuierliches (fortlaufendes) Programm, das in der Zeit der frühen Kindheit unter elterlichem Einfluß entwickelt wird und das das Verhalten eines Individuums in den wichtigen Aspekten seines Lebens bestimmt“.
Wollen wir also das Drehbuch der Menschen erkennen, mit denen wir zusammen leben (in erster Linie mit uns selber, denn wir entkommen uns selber nicht), dann geschieht dies am besten dadurch, daß wir sie auffordern, einfach ihre Geschichten zu erzählen. Während des Zuhörens wird oft ganz schnell die Parallele zu einer literarischen Geschichte deutlich, sei es eine Erzählung aus der frühen Zeit der Menschheit, ein Märchen, eine Sage oder Legende, ein berühmtes Buch, ein bekanntes Theaterstück oder ein Film.

Sucht sich ein Mensch denn in seiner Kindheit bestimmte Geschichten aus, um sich danach das Leben einzurichten? Nein, es ist umgekehrt: Das Kind entscheidet sich für ein ganz bestimmtes Gefühls-, Denk-und Verhaltensmuster -entsprechend der Familiendynamik, in die es hineingeboren wird -und findet diese in literarischen Geschichten wieder.

Wie die chemischen Grundbausteine allen Lebens von der Evolution äußerst sparsam bis geizig hervorgebracht wurden, so könnte man auch den psychischen Grundaufbau auf ein Minimum an Erlebens-und Verhaltensweisen reduzieren. Die Variationsbreite dagegen ist vielfältig und unüberschaubar, d. h. die Individualität des einzelnen ist, gemessen an seinen kargen Grundstrukturen, genialer Art.

So lassen sich die Lebenspläne einzelner Menschen -seien sie neurotisch oder nicht -auf wenige Grundmuster reduzieren, und diese kennen wir aus frühen Menschheitserzählungen, aus denen ja Freud bereits die Erzählung des König Ödipus herausgestellt hat. In „verdünnter“ bzw. „verbürgerlichter“ Form erscheinen diese Grundstrukturen dann in den Märchen wieder. Die Erzählung von „Europa“, das Märchen von „Rotkäppchen“ und das in der Transaktionsanalyse beschriebene Spiel „Hilfe, Vergewaltigung“ weisen z. B. gemeinsame Grundelemente auf:

Ein reizendes Mädchen pflückt Blumen und wird dabei von einem Stier/Wolf aufgesucht. Merkwürdigerweise erschrickt das Mädchen nicht, sondern gibt bereitwillig Auskunft bzw. läßt sich vom Stier entführen. Dem Wolf ergeht es allerdings schlechter als seinem Vorgänger Zeus in Stiergestalt, er wird vom Jäger, der Rotkäppchen rettet und ihm statt dessen Steine in den Bauch näht, indirekt getötet. Aber er ist ja auch nur ein armer Wolf, während im Mythos ein Gott die Rolle des Verführers übernahm. Das heißt, hier wird auch auf die Macht des Schicksals hingewiesen, der man nicht so leicht entgehen kann.

In beiden Geschichten – wie im Leben – freut sich am Ende das Mädchen: Europa wurde Königinmutter und Rotkäppchen hat ein aufregendes Abenteuer erlebt. Und ebenfalls wie im Leben werden bei diesem Märchen die Hauptrollen eines jeden Dramas deutlich: die des Opfers, des Verfolgers und des Retters, wobei, ebenfalls alltagsgerecht, die Rollen von den einzelnen Personen abwechselnd eingenommen werden: Rotkäppchen und ihre Großmutter schlüpfen zunächst in die Opferposition, sie werden von dem verfolgenden Wolf gefressen. Dann taucht der rettende Jäger auf, und nunmehr übernehmen das Opfer und der Retter die Rolle des Verfolgers, und der arme Wolf wird das Opfer.

Eine kleine Fallgeschichte

„Die .. Frau nenne ich „Schneewittchen“ – nicht nur, weil dies einst ihr Lieblingsmärchen war, sondern auch, weil sie so aussieht: zart, blaß, dunkle, glänzende Haare, und sie wartet immer noch auf den Prinzen, der sie aus ihrem scheintoten Leben befreien soll. Deshalb erlebt sie ihre Ehe als nicht befriedigend +und geht immer wieder Beziehungen zu Männern ein, die den Eindruck machen, sie könnten Wunder vollbringen.

„Schneewittchen“ leidet an vielfältigen körperlichen Beschwerden, die sie oft arbeitsunfähig sein lassen, die ihr Kraft und Hoffnung auf ein „sinnvolles Leben“ rauben. Sie liegt dann gleichsam im Glassarg. Was ihr aber am meisten zu schaffen macht, sind „die schrecklichen Gedanken, die einfach kommen und die ich nicht beeinflussen kann“. Diese Gedanken treten auf wie die Hexe im Märchen, die Schneewittchen lähmte. Was das für Gedanken sind? „Daß ich nicht schaffe, was von mir verlangt wird“ – „daß mein Leben sinnlos ist“ – „dass ich aus dem Schrecken nicht herauskomme.“

Was ist das für ein Schrecken? Sie überlegt eine Weile und erinnert sich dann an die Worte ihrer Mutter, die sie über viele Jahre lang täglich hörte: „Die Welt ist schlecht! Man muss auf der Hut sein! Wenn man nicht aufpaßt, ist man blöd und wird hereingelegt!“

Und was hat sie selbst für Erfahrungen in ihrem Leben gemacht? „Ja, schon unterschiedliche, nicht nur schlechte, aber die Angst ist trotzdem da, dass einmal was Schreckliches passiert.“

Ich frage sie nach ihrer Lieblingsgeschichte aus der Zeit der Pubertät. „Das war die Kassandra. Ich war sehr beeindruckt von dieser Gestalt.“ Also auch hier wieder das Leben mit dem Schrecken. „Und was haben Sie in den vergangenen zwei bis drei Jahren so gelesen?“

„Ach, immer wieder Romane, in denen die Heldin schuldig gesprochen wird und dafür büßen muss. Meine Kinder ziehen mich schon auf, dass ich nur solche Bücher lese, aber etwas anderes mag ich nicht.“

Nirgendwo lässt sich also zunächst eine Lösung sehen. Dass die Worte ihrer Mutter für sie heute keine Gültigkeit mehr zu haben brauchen, dass sie – im Gegenteil – mit ihrem Glauben daran, unbewusst Situationen so gestaltet, dass die mütterlichen Prophezeiungen in Erfüllung gehen, weiß „Schneewittchen“. Sie bemüht sich auch, diese, sie unsagbar ängstigenden, Gedanken nicht zuzulassen, aber esgelingt ihr nicht.

Transaktionsanalytisch gesehen heißt dies, daß ihr Verstand, ihr Erwachsenen-Ich, sehr wohl einsieht, wie sie selbst sich das Leben schwer macht, doch ihr inneres Kind, das Kind-Ich, bleibt weiterhin in dem früh vermittelten Schrecken befangen.

⇒ Das ist auch der Grund, warum Menschen nicht allein durch eine verstandesmäßige Erkenntnis in der Lage sind, ihr Leben so zu gestalten, wie es gut für sie sein könnte. Solange das innere Kind Angst hat, wird die Betreffende bzw. der Betreffende immer wieder in ihr altes Verhaltensmuster zurückfallen.

Es geht also in der Psychotherapie mit Transaktionsanalyse in erster Linie darum, die Kraft im noch verborgenen Kern zu finden, die dem Kind helfen kann, seine Angst zu überwinden, es so sicher werden zu lassen, daß es vertrauensvollaus dem Versteck, das die alten Muster darstellen, herauskommen und sich in seiner ursprünglichen Kreativität zeigen kann. Wie nun könnte das geschehen? Eskann, wie gesagt, nicht nur über den Verstand gehen. Obwohl dieser natürlich auch eine wichtige Rolle spielt, denn ohne ein stabiles, wenigstens einigermaßen starkes und klares Erwachsenen-Ich geht auch nichts. Dieses muß dem Kind die sichere Hand bieten, an der es in neue, bisher noch unbekannte Verhaltensweisen laufen kann. Der Bann jedoch, in dem das Kind aufgrund der früh vermittelten Botschaften lebt, muß da gebrochen werden, wo er sitzt: im Kind-Ich des heute Erwachsenen.

Hierbei können die Lieblingsgeschichten der Klienten eine große Hilfe sein, denn in ihnen wird die Beziehung zu den Bann-setzenden Eltern deutlicher als durch Berichte oder Erinnerungen.

Wir gehen in der Transaktionsanalyse davon aus, daß im ursprünglichen, natürlichen Kind, das wir im Erwachsenen das „freie Kind-Ich“ nennen, die Ressourcen zur Bewältigung des ganzen Lebens stecken, daß in ihm ein hohes Maß an Kreativität und Intuition gespeichert ist. Mit Hilfe der Intuition spürt das Kind also in den Erzählungen, die es zu hören bekommt, die Ähnlichkeiten mit seinem eigenen Leben auf und „sieht“ die möglichen Lösungen für seine Schwierigkeiten. Es speichert sie in seinem zwar kleinen, aber durchaus schon ziemlich schlauen Erwachsenen-Ich, weshalb wir diesen Teil im Kind-Ich als den „Kleinen Professor“ oder auch „Kleinen Pfiffikus“ bezeichnen.“

Aus: Angela Seifert, Erzählung und Erzähltes in der Transaktionsanalyse, S.126ff. In: P. Buchheim M. Cierpka Th. Seifert (Hrsg.), Das Narrativ – aus dem Leben Erzähltes. Springer, Berlin Heidelberg 1998

ZUM BEGRIFF ‚LEBENS-SKRIPT‘

Dem Begriff des Lebensskripts liegt die Vorstellung zugrunde, dass schon ein Kleinkind durch “Schlüsselerlebnisse” sich bis ungefähr zur Zeit des Schuleintritts ein bestimmtes Bild macht, 1. von sich selbst, 2. von den anderen, 3. von der Welt und dem Leben als Ganzem und 4. darüber, wie sein Leben verlaufen wird.
Diese Vorstellungen bilden insgesamt den unbewussten, aber bewusstseinsfähigen Lebensplan. Entscheidend ist dabei, dass der Betreffende solange ihn nicht außergewöhnliche Lebensumstände von der Bindung an diese Vorstellungen befreien, er erstens seine Erfahrungen so auslegt oder zweitens gewisse Erfahrungen aufsucht oder sogar drittens Ereignisse so arrangiert, dass dieser Lebensplan fortlaufend sich selber bestätigt.

Gleich einem Schauspieler, der auf der Bühne nicht ein Leben nach eigenen Entscheidungen, sondern ein “vorgeschriebenes Leben” lt. Drehbuch lebt.

Das Skript stellt den überaus kreativen und in der Entstehungsphase bestmöglichen Überlebensentwurf des Kindes dar. Einmal gefunden, entwickelt sich das Skript zum geschlossenen, sich selbst verstärkenden System. Ganz im Sinne kindlichen Denkens ist dieser Lebensplan nicht nur für die Kindheit entworfen, sondern für das ganze Leben (also für morgen, übermorgen und ewig) bestimmt.
Die Inhalte des Skripts, für die Kindheit überlebensrelevant, können jedoch für den Erwachsenen einen destruktiven, entwicklungshemmenden Charakter haben.
Natürlich sind wir nicht immer im Skript. Jedoch in wichtigen Lebenssituationen, unter Stress, im Alltagseinerlei oder bei ähnlichen Situationen, in denen früher Skriptentscheidungen getroffen wurden, gehen wir in das Skript (= skriptgerechtes Verhalten und Erleben). Dann arrangieren wir die Dinge so, dass auch die weiteren Skriptinhalte eintreffen.

Skript – ‚Bausteine‘:

Erziehungsstil, traumatische Erlebnisse, Verwünschungen (du wirst im Zuchthaus landen), Provokationen („los trink, ein Glas haut keinen um“), Anweisungen (etwa aus der Familientradition), Instruktionen (Weisungen „mach das so und so“), negative Erwartungen (z.B. nonverbal auf psychologischen Ebene vermittelt), Zuschreibungen („du bist wie …“), Ideale (Vorbilder z.B. aus Märchen), Programm Botschaften („sieh mal, das geht so …“), Antreiber (5 typische: sei perfekt, sei stark, sei schnell, sei gefällig (mach es allen recht), streng dich an (arbeite hart)), Einschärfungen (die häufigsten: „sei nicht, sei nicht du, sei kein Kind, werde nicht erwachsen, schaffe es nicht, lass es bleiben (tu nichts), sei nicht wichtig, gehöre nicht dazu, sei nicht nahe, sei nicht gesund, denke nicht, fühle nicht, traue niemandem, sei nicht glücklich, hab keine Bedürfnisse“ etc.), Erlösungsbotschaften („wenn das und das eingetreten ist, dann darfst du …“)… .

Solch ‚unechte Gefühle‘ dienen dann dazu, echte dahinterliegende Gefühle nicht aufkommen zu lassen. Das Kind erlebt originale Gefühle und Bedürfnisse als nicht erlaubt, ja deren Äußerung wird als Gefahr für die Beziehung zu den relevanten Bezugspersonen wahrgenommen, und diese Gefahr muss das Kind bannen. Dabei ist es für diesen Prozess unerheblich, ob die Wahrnehmung der Gefahr auf Realitäten, Phantasien oder Missverständnissen des Kindes beruht. Das Kind lernt, anstelle der „gefährlichen“ Gefühle und Bedürfnisse, andere zu zeigen und zu erleben. Das führt dann zu inneren Konflikten, die aber nach ‚außen getragen‘, auf Andere ‚projiziert‘ werden.

→ ES IST NIE ZU SPÄT FÜR EINE GLÜCKLICHE KINDHEIT

„Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit“: Dieser berühmte Satz ist für alle gültig, die sich von Thich Nhat Hanh leiten lassen. Die Folgen seelischer Verletzungen in der Kindheit wie Angst und Verlassenheit oder Wut und Trauer sind bis in die Zellebene hinein wirksam und blockieren unser inneres Wachstum. Thich Nhat Hanh zeigt, dass meist schon unsere Eltern oder sogar frühere Generationen dieselben belastenden Gefühlsmuster in sich getragen und weitervererbt haben. Deshalb ist es wichtig und sinnvoll, als Erwachsener zu dem verwundeten inneren Kind Kontakt aufzunehmen. Das gelingt besonders im Fokus bewusster, achtsamer Wahrnehmung und damit verbundener Atempraxis. Dieser buddhistische Ansatz wird von dem weltbekannten Meditationsmeister ausführlich erklärt und kann bei jedem Menschen zu einer tiefgreifenden Transformation führen (12 Videos):

4. SELBSTERFAHRUNG IN TEAM- UND GRUPPENARBEIT (TA / TZI)

MISSVERSTÄNDNISSE UND KONFLIKTE

Wo Menschen zusammenleben und zusammenarbeiten gibt es Konflikte. Solche zwischenmenschlichen Konflikte sind, vereinfacht ausgedrückt, das unvermittelte Zusammentreffen unterschiedlichen Wollens / Sollens. Erstaunlich ist nicht die Tatsache des Vorhandenseins solcher Konflikte, erstaunlich ist vielmehr, wie ungeübt wir so oft im Umgang mit solchen Konflikten sind (unterentwickelte KONFLIKTKOMPETENZ). So lange es geht, vermeiden wir nämlich Konflikte, welche uns zwingen, unsere Komfortzonen zu verlassen. Hand aufs Herz: Wer verlässt schon gerne und freiwillig seine Komfortzone?
Als Begleiter*in müssen Sie aber fähig sein, solche Abläufe zeitnah zu erkennen. Zu erkennen, welche Konflikte durchlaufen werden müssen, um miteinander im Rahmen einer gewachsenen Gemeinschaft team- und arbeitsfähig zu werden / zu sein, ist Teil der Kompetenz einer guten Mentorin, eines guten Mentors.

Fast immer stellt sich aber rückblickend heraus: Menschen wissen intuitiv sehr rasch, was in einer gegebenen Situation angemessen zu tun / zu lassen wäre. Sie trauen aber ihren spontanen Wahrnehmungen nicht (mehr). Und diese Nichtbeachtung der ‚leisen Stimme der Vernunft‘ führt dann in Folge zu Konfusion, Unsicherheit und innerer Zwiespältigkeit (‚Ambivalenz‘) – summativ betrachtet also zu Selbstwertminderung und ungesunden Selbstzweifeln oder dem unmittelbaren Gegenteil davon: Selbstüberschätzung und Rigidität. Diese unerwünschten Wirkungen verstärken wiederum die Entscheidungsunsicherheit …. ein Teufelskreis ist entstanden, aus dem heraus zu kommen oft ausweglos erscheint.

Es gibt eine Fülle brauchbarer Modelle zur Analyse von Team- und Gruppenprozessen. Wir werden uns hier näher mit zwei Ansätzen beschäftigen, nämlich der Transaktionsanlyse (TA) und der Themenzentrierten Interaktion (TZI). Beide haben sich in pädagogischen seit langem Feldern bewährt.

Zur Einführung in die TA empfehle ich die Lektüre dieses Texts. Besonders betonen möchte ich die zentrale Rolle der AUFTRAGSKLÄRUNG und der VEREINBARUNGEN:

Wichtig für den Praxisalltag ist die Reflexion der bevorzugt eingenommenen Rollen (Täter – Opfer -Retter) – sie können konflikterzeugend bis konfliktverstärkend sein bzw. moderierend und lösend:

THEMENZENTRIERTE INTERAKTION

Zur Einführung bitte diesen Text durcharbeiten und den beiden nachfolgenden Videovorträgen aufmerksam lauschen (vertiefend bzw, alternativ kann auch der informative WIKI-Eintrag zum Stichwort TZI bearbeitet werden):

Einführung in die TZI von Prof. Matthias Kröger:

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Wer die Erfinderin der Methode – Ruth Cohn – im Fachgespräch kennenlernen will, und damit die Hintergründe und Entstehung der Methode, der kann sich zusätzlich noch dieses vertiefende Video ansehen (nicht verpflichtend!):

5. ZUSAMMENFASSUNG:

In der pädagogischen Praxis braucht es – situationsabhängig – die gekonnte Balance zwischen monologischen und dialogischen Zugängen.

Denn es ist uns nicht möglich, gleichwertigen Respekt für alle menschlichen Angelegenheiten zu empfinden. Solange es um Durchsetzung eigener Interessen geht, um Überleben, steht ‚gesunder Egoismus‘ im Vordergrund. Diese Orientierung angemessen zu relativieren gelingt uns erst, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf etwas fokussieren, was allen Menschen auf gleiche Weise inhärent ist. Und dieses ‚etwas‘ ist nichts anderes, als die ‚transzendentale Verfassung‘ des menschlichen Wesens, also das, was als ihre ‚unantastbare Würde‘ bezeichnet wird.

⇒ „DER MENSCH WIRD AM DU ZUM ICH“ – (M.Buber)

Denn alle Menschen sind in einem Punkt gleich, nämlich in ihrem Streben nach Selbstachtung (ausgedrückt in Form des Strebens nach ‚Wahrheit‘ und ‚Güte‘), welche das Zentrum ihrer psychischen und körperlichen Realität ausmacht:

6. Epilog

a) Wer zum Stichwort ‚Kopfkino‘ noch mehr erfahren will, der kann sich hier schlau machen:

Kopfkino und Selbstgespräche

b) Vielleicht werden in Zukunft auch APPS und BIG DATA uns einen Großteil von Selbsterfahrung abnehmen (ob das wünschenswert ist?).

Wer dazu mehr erfahren will, der soll sich den folgenden Beitrag ansehen:

Und ergänzend dazu…

……. Charles Eisenstein